09. Oktober 2014 Thema: Pressemeldungen Von Sven Bortlisch
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Sehr geehrter Herr Hartmann,
in Ihrem Leserbrief, der am 09. Oktober in der NRZ erschienen ist, bemängeln Sie, dass Flüchtlinge in unserer Stadt Ihrer Meinung nach mehr Zuwendung erhalten als Menschen in Seniorenheimen.
Ihr Wortlaut: „Aber wenn ich jetzt sehe und lese, was alles für die Flüchtlinge veranstaltet wird, dann frage ich mich, ob die Fernstenliebe nicht wieder einmal über die Nächstenliebe siegt. In unseren Seniorenheimen leben unsere alten Menschen, die diese wärmenden Zuwendungen zwar auch verdient hätten, im Regelfall aber nicht erhalten.“
Ihr Versuch, die Situation von Flüchtlingen und Senioren in unserer Stadt ansatzweise miteinander zu vergleichen und die engagierten Akteure gegeneinander auszuspielen, ist nicht nur grundlegend falsch, sondern auch ein unwürdiger politischer Stil. Offensichtlich sehen Sie vor lauter Populismus die Realität nicht. Denn bei Ihnen heißt es weiter: „Es gibt Flüchtlingsräte und Pro Asyl. Wo gibt es Seniorenräte und Pro Alter?“
Unsere Stadt bietet eine Vielzahl von vorbildlichen Projekten von, mit und für Senioren. Dies geschieht auf ehrenamtlicher Basis genauso wie durch hauptamtliche Kräfte der Stadtverwaltung und der Wohlfahrtsverbände. Im Übrigen müssten Sie als Stadtverordneter wissen, dass wir sehr wohl das politische Gremium des „Seniorenbeirates“ besitzen.
Sie stellen einen unzulässigen Vergleich an. Während die Stadt pflichtgemäß für die Unterbringung der Flüchtlinge und eine medizinische Notfallversorgung verantwortlich ist, werden die vielzähligen zusätzlichen Aktivitäten, dazu gehört auch die von Ihnen genannte „Trauma-Therapie“, von ehrenamtlich Tätigen organisiert bzw. vermittelt. Dies wird von Ihnen unsachlich mit der professionellen Arbeit von Pflegekräften und medizinischem Personal verglichen. Dies ist buchstäblich der bekannte Vergleich von ‚Äpfeln und Birnen‘. Sie suggerieren, dass es für Senioren keine vergleichbaren Angebote gäbe. Sie irren sich.
Erst in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses berichtete der Sozialplaner Jörg Marx von dem zukunftsweisenden Projekt „SONA – seniorenorientierte Navigation“, das als bestes Beispiel für das Engagement der Stadtverwaltung auf diesem Gebiet angeführt werden kann. Offenbar sind Ihnen auch die erfolgreichen „Netzwerke der Generationen“, die Beschäftigungs-Initiative „Best-Agers 50Plus“, die Seniorenzeitung „Alt? Na und!“, die Pflege- und Seniorenberatung des Sozialamtes, die Generationenarbeit der Wohlfahrtsverbände sowie viele weitere Angebote und Projekte rund um die Seniorenarbeit in unserer Stadt nicht bekannt.
In unserer Stadt gibt es zahlreiche vorbildliche Angebote von Ehren- und Hauptamtlichen sowohl für Senioren als auch für Flüchtlinge. Angebote für Flüchtlinge als Widerspruch oder gar Konkurrenz zu Angeboten für Senioren zu verstehen, ist nicht nur unsachlich, sondern verwerflich und gegenüber den betroffenen und den helfenden Menschen diffamierend. Die Arbeit aller, die auf diesen beiden Gebieten tätig sind, verdient unsere uneingeschränkte Anerkennung. Als Sozialdemokrat kann und will ich nicht schweigen, wenn Sie versuchen, diese ehrenvolle Arbeit kaputt zu reden.
Jeder Mensch soll selbstverständlich selbstständig entscheiden, ob und in welchem Bereich er sich ehrenamtlich engagieren will. Weder Sie, noch jemand anderes darf sich das Recht herausnehmen, zu urteilen, wer aufgrund seines Engagements ein „Gutmensch“ ist und wer nicht. Jedes Ehrenamt ist gleich viel wert.
Ich will ausdrücklich betonen, dass ich persönlich keine Brieffreundschaft mit Ihnen anstrebe. Doch werde ich Ihnen auch in Zukunft entschieden widersprechen, wenn Sie solch schäbigen und schändlichen Populismus einer seriösen Sachdiskussion vorziehen.
Mit sozialen und demokratischen Grüßen
Rodion Bakum
– Sozialpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion Mülheim an der Ruhr –